Pressestimmen

Regietheater und Hausverstand

Mit dem Schlagwort „Hausverstand“ wirbt schon seit Jahren eine österreichische Supermarkt-Kette. Ausgerechnet im Theater und vor allem in der Oper aber soll das Publikum seinen Hausverstand ausschalten?

Viele Zuschauerinnen und Zuschauer sind offenbar dazu bereit, wollen sie doch keineswegs als altmodisch und rückständig gelten, und selbst große Dirigenten schließen sich blauäugig an, indem sie zwar lauthals über das „böse Regietheater“ herziehen, die selbst verantworteten Produktionen aber mit fadenscheinigen Argumenten verteidigen. Schließlich: was ist schon richtig oder falsch in der Kunst?

Ohne Zweifel gibt es da einen breiten Spielraum, dennoch sind gewisse Grundparameter einzuhalten. Bei den Musikern bleibt immer die Partitur die letzte Instanz, doch wer schützt die Librettisten? Sie werden von den sog. „Regietheater-Gurus“ meist nicht einmal ignoriert! Ein Wald, ein Schloss, eine Burg, der Zeitgeist des jeweiligen Stückes, das interessiert den fortschrittlichen Regisseur (und natürlich ebenso sein weibliches Pendant) keinen Deut! Fast grundsätzlich wird die Oper in eine völlig andere Zeit versetzt, was die Logik des Librettos meist sofort kippen lässt. Gerade dass die Musik (noch) bleiben darf! Ja, richtig, die lockt schließlich das Publikum in die Theater, und wird dafür von den Regisseuren (und -innen) gnadenlos missbraucht ..

Christian Springer veranstaltet in seinem neuen Buch „Regietheater und Oper-Unvereinbare Gegensätze“ keineswegs nur eine weitere Schimpforgie zu dieser unendlichen Geschichte. Wie ein Chirurg seziert er die für das Publikum auf den ersten Blick oft gar nicht erkennbaren Ungereimtheiten und Plattheiten, weist anhand genauer Partitur- und Librettokenntnis messerscharf nach, welche grundlegenden Irrtümer und Missverständnisse auf dem Gebiet der Opernregie heute meist auf der Tagesordnung stehen. Dass Springer noch dazu über feine Ironie und eine große Portion (bitteren) Sarkasmus verfügt, macht dieses Buch zu einem absoluten Lesevergnügen für all jene, die ihren Hausverstand nicht vor der Oper abgeben

Gottfried Cervenka (Rezension bei Amazon)


Unbedingt lesen!

Ein längst fälliger Aufschrei gegen die Zumutungen des sogenannten „Regietheaters“! Historisch akribisch und korrekt wird die Entwicklung/Entgleisung dieser deutschen Spezialität in der Opern-Inszenierung mit treffenden Worten und vielen exzellenten Beispielen geschildert. Die Beteiligung kenntnisarmer Feuilletonisten an diesem Irrtum der Musikgeschichte wird ebenso zum Thema gemacht, wie die Versuche der Intendanten, wenn schon nicht mit Qualität, so wenigstens mit „Skandal“ Publikum anlocken zu wollen. Dass das sog. Regietheater den Willen des Komponisten nur noch als vernachlässigbare Größe ansieht, dem die Phantasien des Regisseurs gegenüberstehen, ist hinlänglich bekannt. Dass es uns als Publikum zugestanden werden sollte, den Preis für eine Opernkarte erst im Nachhinein festzulegen, ist eine originelle Idee – es käme dann endlich wieder zu Aufführungen, die mehr über den Komponisten und die Sänger aussagen, als über beliebige und überflüssige „Um-und Neudeutungen“ musikalisch wenig bis kaum gebildeter Regisseure. Pflichtlektüre für alle, die sich tatsächlich mit Oper auseinandersetzen und nicht nur im Publikum gesehen werden wollen!

‘Adelina Patti’ (Rezension bei Amazon)